Helle Tage, kalte Nächte (und stinkende Gartenfeuer)

Es ist wieder kühler geworden, in der Nacht sind Minusgrade und am Samstag soll es noch mal schneien. Das verkraften die Bäume und Sträucher, die am Austreiben und Blühen sind, unter­schied­lich gut. Die Magnolien zum Beispiel nimmt es ziem­lich mit, das Rosa wird braun, schade um die schönen Blüten.

Kastanie in der Bahnhofstraße

Magnolie im Hofgarten

Kühl, aber sonnig. Ein Hingucker: das rosa blühende Bäumchen beim Meißner Glockenspiel

Tja, wenn Frühling ist, verbrennen so manche Gartenbesitzer auch ihre Winterabfälle und nebeln mit dem stin­kenden Qualm die ganze Gegend ein, hier in der Gartenstraße.

Der obere Parklpatz am Zentralfriedhof soll bis 17. April fertig werden.

Mails aus Bonn oder: ein Blick von außen auf Schwarzenberg und das Erzgebirge

Vor etli­chen Monaten, im August 2018, erhielt ich eine Mail von Ulrich D. aus Bonn. Im Herbst 2017 hatten er und seine Frau Urlaub in Schneeberg gemacht und auch Schwarzenberg besucht. Ich fand Herrn D.s Sicht auf Schwarzenberg und das Erzgebirge so span­nend, dass ich ihn fragte, ob ich die Mail im Blog veröf­fent­li­chen darf. Ja, ich durfte. Dann aller­dings raste die Zeit und ich kam nicht dazu, diesen etwas anderen Blogeintrag zu verfassen. Jetzt klappt es endlich, hier ist unser kleiner Mailwechsel.


9. August 2018

Glückauf liebe Frau Groh,

ich bin ein Leser Ihres Schwarzenberg-Blogs, genauer gesagt: ich bin es seit Oktober 2017, weil meine Frau und ich da nämlich 2 Wochen Urlaub im Erzgebirge (Schneeberg) gemacht haben und da natür­lich auch das eine oder andere Mal in Schwarzenberg waren.

Ein hübsches, gepflegtes und sehr abwechs­lungs­rei­ches Städtchen, an das wir gerne zurück­denken. Leider mitunter ein bißchen menschen­leer wirkend, aber das haben wir häufiger im Erzgebirge beob­achtet. Würde Schwarzenberg hier in der Gegend liegen, wäre es ein Besuchermagnet. Dann hätten Sie aller­dings das andere Extrem: Horden von Bustouristen und eine miese Freßbude neben der anderen. Man merkt eben doch, daß viele Menschen nach der Wende wohl wegge­gangen sind. Wir waren in einem Schwarzenberger Einkaufszentrum, und es wirkte stel­len­weise wie leer­ge­fegt. Dennoch: wir sind auch immer wieder jungen Erzgebirgern begegnet, die nach Jahren in der Fremde (durchweg im Westen) wieder zurück­ge­kehrt sind: „Derham is derham“ haben wir wirk­lich oft gehört.

Deshalb nur mal eine kurze Rückmeldung, denn wenn man eine Internetseite betreibt, einen Blog schreibt, dann schreibt man ja so ein bißchen „ins Leere“ hinein. Die Klickzahlen kennt man viel­leicht, aber man weiß ja erst dann, ob und wie die Arbeit ange­nommen wird, wenn man mal Rückmeldungen und Kommentare bekommt. Ich schaue bei Ihnen immer mal wieder gerne rein. Gut, manche Themen sind natür­lich in erster Linie für Einheimische bestimmt, aber alleine schon die vielen schönen Photos sind immer wieder eine Freude.

Übrigens hat das Erzgebirge im Herbst seinen ganz beson­deren Reiz. Sicher, der Winter im Schnee ist roman­tisch – aber eben auch einförmig: alles sieht eben gleich und weiß aus. Der Herbst kommt bei Ihnen 2 oder 3 Wochen früher als hier im Rheinland – und so hatten wir die wunder­schönen Farben ganz alleine für uns – denn im Oktober ist Ihre Heimat auch nicht so über­laufen. Das wiederum hatte den Vorteil, daß (Sie sehen als Lektorin, daß dieser Buchstabe bei mir noch eine Heimstatt besitzt) man auch mit vielen Leuten ins Gespräch kommen konnte, was bei Touristenmassen schwerer möglich gewesen wäre. So unter­hielten wir uns länger mit einem Herrn am Eingang vom Schloßmuseum. Ich habe seinen Namen nicht mehr präsent, aber er macht – als Eisenbahner gekleidet – auch Stadtführungen. Sie werden ihn vermut­lich kennen. Toll, was der Mann alles wußte und worauf er uns noch hinwies. Oder das Eisenbahnmuseum, wo wir ganz alleine waren, ebenso die Schloßkirche, die wir für uns hatten.

Und dann noch der beste Baumkuchen, den wir kennen: am „Tag des offenen Handwerks“ sind wir einfach mal bei der Bäckerei Weißbach in der Alten Annaberger Straße vorbei­ge­fahren, wo wir fast wie Familienangehörige aufge­nommen wurden. Ganz reizende Leute, sehr gast­freund­lich und – wie gesagt: toller Baumkuchen. Ich hatte bis zu diesem Tag keine Ahnung, wieviel Arbeit in einem solchen Gebäck steckt. Ohnehin: Sie haben hervor­ra­gende Bäckereien im Erzgebirge. Hier bei uns gibt es fast nur Industriefraß, im Bonner Norden exis­tiert z. B. nur noch eine einzige echte Bäckerei.

So, und wenn ich nun Ihre Website aufrufe, dann kommen für uns eben auch all diese schönen Erinnerungen zurück und dafür meinen herz­li­chen Dank!

Schönen Gruß,
Ulrich D.


13. August 2018

Lieber Herr D.,

vielen Dank für Ihre Mail. Sie haben recht, mit dem Blog schreibe ich wirk­lich ein wenig ins Leere, von wem es gelesen wird, bekomme ich eher zufällig mit, mal durch Mails wie Ihre, mal bei persön­li­chen Begegnungen. Seit Facebook und Co. in gewissem Maße die Blogs abge­löst haben, wird auch deut­lich weniger kommen­tiert, wenn über­haupt. Diese direkten Reaktionen auf Artikel fand ich gut, und das ist ein Grund, warum ich fürs Schwarzenberg- Blog seit 2014 zusätz­lich eine Seite bei Facebook habe.

Ihre Sicht von außen auf die Stadt bzw. aufs Erzgebirge ist für mich natür­lich span­nend und ich freue mich zu lesen, dass Ihnen Ihr Urlaub hier so gefallen hat. Bustouristen kommen auch nach Schwarzenberg, aber nicht in Massen, und sie laufen eher nur durch die Altstadt und sind schnell wieder weg. Die Altstadt ist mal leerer und mal voller, das kommt aufs Wetter, auf den Wochentag, auf die Jahreszeit und vieles andere an, aber unterm Strich ist hier auf den Straßen meist nicht so viel los, da haben Sie recht. Früher fand ich das nicht so gut, mitt­ler­weile bin ich manchmal ganz dankbar drum, unter anderem, weil es so entspannter ist. Wenn es einem mal zu ruhig wird, hat man es nicht weit zur nächsten größeren Stadt, ob nun Chemnitz, Dresden, Leipzig, Prag, die Auswahl ist nicht schlecht …

Ihr Eindruck von Schwarzenberg und dem Erzgebirge wäre sicher auch für andere inter­es­sant, könnten Sie sich vorstellen, dass ich Ihre Mail als Artikel im Schwarzenberg-Blog veröf­fent­liche? Falls Sie das nicht wollen, dann ist das auch in Ordnung, fühlen Sie sich bitte nicht dazu gedrängt. Ich finde es einfach schön fürs Blog, wenn es immer mal Gastbeiträge, Stimmen von anderen gibt.

Damit bedanke ich mich noch­mals sehr für Ihre Mail und grüße herz­lich aus Schwarzenberg
Andrea Groh


14. August 2018

Liebe Frau Groh,

aber natür­lich dürfen Sie das. Vielleicht noch eine kleine Ergänzung zu dem Gesagten. Wir haben uns in diesen Wochen auch wirk­lich bemüht, mit Einheimischen in Berührung zu kommen – und das ging problemlos. Die Mentalität ist eine andere als im Rheinland: der Rheinländer ist durchaus offen, schon fast distanzlos, auch schnell mit dem Duzen und dabei bis zur Geschwätzigkeit kommu­ni­kativ: im rhei­ni­schen Jargon nennt man so jemanden einen „Schwaadlappen“, was mit „Schwätzer“ noch sehr freund­lich umschrieben ist. Allerdings geht das nicht unbe­dingt sehr tief.

Im Erzgebirge haben wir es etwas anders erlebt: die Leute waren erst etwas distan­ziert, eher abwar­tend und nicht so redselig, dabei aber durchaus höflich und auch freund­lich. Nach einer Weile, wenn sie merkten, daß da nicht ein „arro­gantes Arschloch“ oder ein „Besserwessi“ vor ihnen stand, war der „Bann“ gebro­chen (wenn es ihn denn je gab). Ich glaube, daß die meisten Leute es durchaus schätzten, wenn sie sahen, daß wir uns genuin
für die erzge­bir­gi­sche Kultur inter­es­sierten und nicht nur „Touris“ waren, die irgend­welche Sehenswürdigkeiten abhakten oder über die Qualität des Frühstücks meckerten. Denn dann kamen sofort die Hinweise, was wir uns noch anschauen sollten: ein bestimmtes Museum, die Bücher von Gotthard Schicker, ein Bergwerk oder ein Pochwerk, die Lieder von Anton Günther, eine Brauerei („Kennen Sie schon das Zwönitzer“?) oder „Sie müssen mal den Schieböcker Käse probieren“. Solchen Hinweisen verdanken wir auch einige unserer nettesten Begegnungen: so zum Beispiel mit den „Schnitzfreunden“ in Schlettau, die uns zufällig „Hereingeschneiten“ sofort eine Führung gaben durch ihr gemüt­li­ches „Schnitzheim“ (unmit­telbar neben dem Schlettauer Schloß).

Was ganz bestimmt anders ist als bei uns im Rheinland: die Erzgebirger scheinen keine Nachtmenschen zu sein. Wir hatten oft den Eindruck, daß da im doppelten Sinne abends „die Rolläden runter­gingen“. Man fuhr durch Orte, die wie evaku­iert wirkten. Häuser, die im Dunkeln lagen, und das obwohl sie augen­schein­lich bewohnt waren, denn vor der Tür standen ja Autos. Als meine Frau und ich in einem wirk­lich schönen Restaurant einen Tisch reser­vieren wollten, fragte man uns, wann wir denn kommen wollten. Als ich meinte, „so kurz vor 20 Uhr“, kam die Antwort: „Ginge das bei Ihnen viel­eicht auch etwas früher? Denn so gegen 8 machen wir langsam Schluß.“ Sagen Sie das mal einem Kölner, Bonner oder Aachener – der läuft sich um die Uhrzeit doch erst richtig warm …

Vielleicht hat das etwas mit der Historie zu tun, daß man im Erzgebirge tradi­tio­nell eher in den eigenen vier Wänden in Hutzenstuben zusam­men­hockte, viel­leicht hat es auch mit der protes­tan­ti­schen Arbeitsethik zu tun … die Arbeitsethik  ist im frivol-katho­li­schen Rheinland auch etwas anders. Und apropos „protes­tan­tisch“ … wir hatten auch den Eindruck, daß der Protestantismus (in seiner luthe­ri­schen Ausprägung) im Erzgebirge auch noch stärker veran­kert ist als in in allen Landesteilen, die ich bisher besucht habe.

Besonders bleiben uns drei Dinge in guter Erinnerung. Schätzen Sie sich glück­lich, daß Sie ein so tolles Theater haben wie das Winterstein-Theater in Annaberg. Dann: die Bergbaukultur ist im Erzgebirge nicht nur das Steckenpferd ehema­liger Bergleute, sondern wirk­liche Volkskultur. Und damit eng zusam­men­hän­gend: wir haben (außer viel­leicht in Bayern) noch nie Menschen getroffen, die eine derar­tige Heimatverbundenheit und einen solchen Stolz auf ihr Land ausstrahlen.

Übrigens: so ein bißchen Erzgebirge haben wir auch jeden Tag, denn bei uns kommt fast täglich Brot aus dem Erzgebirge auf den Tisch – von unserer „Lieblingsbäckerei“ Rene Kinder aus Schneeberg. Da kann jedes Aldibrot sich nur scham­haft im Backautomaten verstecken …

Schönen Gruß,
Ulrich D.


20. Dezember 2018

Lieber Herr D.,

ich habe Ihre Mails nicht vergessen und möchte sie nach wie vor im Blog veröf­fent­li­chen, ich hoffe, ich komme demnächst dazu …

Ich wünsche Ihnen ein schönes Fest, entspannte Zwischentage und ein gutes neues Jahr.

Viele Grüße aus Schwarzenberg
Andrea Groh


20. Dezember 2018

Liebe Frau Groh,

das ist aber lieb – mit Ihrer Mail hatte ich jetzt gar nicht gerechnet. Ich habe mir einige Erzgebirgs-Seiten als Lesezeichen abge­spei­chert und schaue immer mal rein, wenn es die Zeit erlaubt – darunter natür­lich auch in Ihren Blog. Ist doch toll, was man aus so einer kleinen Stadt doch alles heraus­holen kann – und wir erkennen natür­lich so manche Ecke wieder. Und jetzt habe ich auch Ihre Facebook-Seite entdeckt.

Leider habe ich vor einigen Tagen lesen müssen, daß mit Markus Beyer ein promi­nenter Schwarzenberger gestorben ist, und das nach unserem mensch­li­chen Maßstab viel zu früh. Er kam immer als netter, fairer und beschei­dener Kerl rüber. Ich hatte seit seiner aktiven Zeit im Kopf „Markus Beyer aus Erlabrtunn“. Und als wir damals durch Erlabrunn fuhren, sagte ich meiner Frau: „Hier kommmt doch der Markus Beyer her“ (okay, sie hatte natür­lich gar keine Ahnung, von wem ich sprach). Und wie der Zufall es wollte: ein paar Tage später begeg­nete ich ihm in einem Schwarzenberger Einkaufszentrum und habe ein paar Worte mit ihm gewech­selt: total freund­lich und ohne jede Starallüren, eher sogar ein bißchen schüch­tern. Warum passieren guten Menschen schlimme Dinge? Ich glaube, Anfang Januar gibt es  bei Ihnen im Ort eine Trauerfeier.

Das Erzgebirge wird uns auch diese Weihnachten nicht loslassen: es gibt erzge­bir­gi­sche Wurst aus Amtsberg und dazu Brot und Stollen von unserer Lieblingsbäckerei aus Schneeberg. Dazu ein Paar richtig schöne Sportschuhe für meine Frau aus Schönheide (von Raas) und natür­lich wie letztes Jahr einen erzge­bir­gi­schen Wandkalender. Auf den wirk­lich tollen Baumkuchen von Weißbach in Schwarzenberg verzichten wir zwar aus Gewichtsgründen zu Weihnachten, aber das ist nur aufge­schoben: meine Frau hat ja bald auch noch Geburtstag …

Ihnen auch eine Frohe und Gesegnete Weihnacht.
Ulrich D.