„Den typischen Arbeitstag gab es nicht“ – Rückblick auf 19 Jahre Oberbürgermeisterin

Von 2001 bis 2020 war Heidrun Hiemer Oberbürgermeisterin von Schwarzenberg, vor zwei Wochen hat sie die Amtsgeschäfte an ihren Nachfolger über­geben. Ich habe ihr zehn Fragen gestellt – heraus­ge­kommen ist ein kleiner Rückblick auf über 19 Jahre in einem fordernden Amt. Vielen Dank für Ihre Antworten.

1. Wie kam es, dass Sie für das Amt kandi­diert haben?

Ich war seit 1990 im Rathaus als Sachgebietsleiterin Bauplanung tätig und habe mich da bereits für eine gute Stadtentwicklung stark gemacht. Die Aufgabe als OB hat mich gereizt, zumal mein Vater Heinrich Auerswald mein Vorbild war und ich so wie er das Amt des Bürgermeisters ausfüllen wollte. Mein Vorgänger Klaus Knauer hatte mir das Vertrauen ausge­spro­chen und die CDU-Ortsgruppe hat mich dann auch nominiert.

2. Gegen wen sind Sie ange­treten? Wissen Sie noch, wie die Stimmverteilung in etwa war?

Gisela Schmidt (1112 Stimmen), Eberhardt Dürigen (1176 Stimmen), Manfred Rucks (527 Stimmen), Hans-Peter Merkel (509 Stimmen) und Wolfgang Meinel (320 Stimmen)
Heidrun Hiemer (4092 Stimmen)

3. Was waren 2001 die drin­gendsten Projekte in der Stadt?

Der Stadtumbau in der Sonnenleithe musste mit den Beteiligten weiter zügig voran­ge­bracht werden. Im Vordergrund stand dabei die Beseitigung des Leerstandes und die Förderung des sozialen Miteinanders. Ein wich­tiges Thema war die Haushaltskonsolidierung, denn die Haushaltslage war ange­spannt. Die Belebung der Altstadt im Einklang mit den notwen­digen Sanierungsmaßnahmen stand ebenso auf der Agenda.

4. Wie sah Ihr typi­scher Arbeitsalltag in 19 Jahren Amtszeit aus?

Den typi­schen Arbeitstag gab es nicht. Die Aufgaben als Verwaltungsleiterin und als offi­zi­eller Vertreter der Stadt nach außen sind sehr viel­fältig. In der Regel begann ich meinen Arbeitstag 7 Uhr in meinem Büro.
12 Stunden kamen fast täglich zusammen. Am Abend gab es neben den Sitzungen des Stadtrates und seiner Ausschüsse auch viele ander­wei­tige Sitzungen, wie Aufsichtsrat u. a.
Die Teilnahme an Veranstaltungen an Samstagen, Sonntagen oder Feiertagen war selbst­ver­ständ­lich. Aufgrund von beson­deren Ereignissen, wie das Hochwasser 2002 oder 2013 oder die Vorbereitung von Großevents wie den Tag der Sachsen 2013, mussten Arbeitsabläufe immer wieder ange­passt werden.

5. Was haben Sie an Ihrem Job gemocht, was nicht so sehr?

Besonders wichtig war mir der Umgang mit den Bürgern und deren Anliegen. Schön, wenn ich helfen konnte. Auch sehr gern habe ich die Teamleitung zur Umsetzung von Großprojekten übernommen.
Was nicht so sehr? Wenn die Sirene in der Nacht ertönte, machte ich mir große Sorgen und bangte um mögliche betrof­fene Menschen. Oft eilte ich zu den Feuerwehrkameraden, um meinen Dank für ihre Einsatzbereitschaft auszusprechen.

6. Haben Sie es eher genossen in der Öffentlichkeit zu stehen oder war das eher lästig für Sie?

Ich habe es weder genossen noch war es mir lästig. Es erfüllte mich aber mit großer Dankbarkeit, wenn ich zum Beispiel vor der großen Bergparade auf der Bühne stehen konnte, ein Grußwort spre­chen durfte und das ganz beson­dere Flair genießen durfte.

7. Hat es in Ihrem Job als Oberbürgermeisterin eine Rolle gespielt, dass Sie eine Frau sind? Wenn ja, inwiefern?

Ja natür­lich. Als Frau muss man immer besser sein als die männ­li­chen Kollegen. Wenn man sich dann aber den Respekt erar­beitet hat, kann es auch ein Vorteil sein, eine Frau zu sein.

8. Was sind in Ihren Augen die wich­tigsten Veränderungen in Schwarzenberg in diesen 19 Jahren?

Die Stadt ist eine wirk­liche Perle im Erzgebirge geworden. Durch die stabile Haushaltslage konnten viele, viele Investitionen in allen Bereichen getä­tigt werden. Marode Gebäude sind aus dem Stadtbild verschwunden.
Drei Kreisverkehre und die grüne Welle auf der B101 sorgen für einen besseren Verkehrsfluss.
Der moderne Schrägaufzug verbindet die wunder­schöne Altstadt mit dem attrak­tiven Hammerparkplatz.
Wir Schwarzenberger können stolz auf unseren Welterbebestandteil Montanregion Erzgebirge/Kr., den Herrenhof in Erla sein. Der Stadtteilplatz in der Sonnenleithe mit der sanierten Grund- und Förderschule und dem Sonnenbad ist Zeichen eines gelun­genen Stadtumbaus. Viele Veränderungen, die sich in den letzten Jahren voll­zogen haben, sind schon selbst­ver­ständ­lich geworden. Unsere Stadt mit ihren vier Ortschaften ist für ihre Einwohner noch lebens- und liebens­werter geworden.

9. Wie hat sich das poli­ti­sche Klima in der Stadt in 19 Jahren verändert?

Die Kommunalwahl im vergan­genen Jahr hat gezeigt, dass es mitt­ler­weile eine Vielzahl an poli­ti­schen Strömungen in unserer Stadt gibt. Dies spie­gelt sich insbe­son­dere in der Zusammensetzung unseres Stadtrates wider.
Wie auch im rest­li­chen Deutschland gibt es auch in Schwarzenberg verstärkt rechts­kon­ser­va­tive Strömungen.

10. Neben Ihrem Job als Oberbürgermeisterin haben Sie sich noch in vielen Vereinen, Ausschüssen etc. enga­giert. Sie sind Mitglied im Kreistag usw. Was davon machen Sie weiter?

Ich bin in den Kreistag gewählt und werde dort natür­lich bis zum Ende der Wahlperiode meine Aufgabe wahr­nehmen. Weiterhin bin ich im Kirchenmusikverein und im Erzgebirgszweigverein aktives Mitglied. Im Deutschen Wanderverband bin ich seit 2005 Vizepräsidentin und möchte dies auch zukünftig weiterhin ausfüllen.
Ich bin Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft Wandern und bin gebeten worden, diese Aufgabe auch zukünftig wahrzunehmen.

(Foto vom 3. Oktober 2020, Eröffnung des Schlossparks)