Gastbeitrag: Der Herr der Wetterpilze

Vor einer Weile bekam ich eine Mail von Klaus-Heinz Herda aus Köln. Ich kannte ihn bis dato nicht, fand aber sehr span­nend, was er schrieb: Er hatte im Schwarzenberg-Blog ein Foto vom Aussichtspilz am Totenstein gefunden und fragte, ob er es für seine Wetterpilz-Website verwenden könne. Ein Mann also, der Wetterpilze „sammelt“, diese Gebilde aus Stein oder Holz, die logi­scher­weise in ihrem Aufbau an Pilze erin­nern, mit Stiel und Kappe. Der Schwarzenberger Wetterpilz ist nun auch auf Klaus-Heinz Herdas Website, und ich wollte natür­lich wissen, wie man zu einem solchen Hobby kommt. Dazu hat Klaus-Heinz Herda einen Gastbeitrag fürs Blog geschrieben und drei Fotos zur Verfügung gestellt – vielen Dank dafür!

Klaus-Heinz Herda: Eine Website über Wetterpilze

2004 fielen mir erst­mals merk­wür­dige Betonunterstände in Kölner Parkanlagen auf. Einige Jahre später, als ich – mitt­ler­weile gelang­weilt von immer den glei­chen Wegen – beschloss, meine Trainingsläufe auf mir damals noch unbe­kannte Kölner Grünanlagen auszu­dehnen, entdeckte ich dort noch weitere „Betonpilze“. In der Annahme, die Stadtverwaltung wisse weitere Standorte dieser merk­wür­digen aber faszi­nie­renden Objekte, war ich erstaunt, dass man dort sehr wenig über sie zu berichten wusste – und so begann ich, die Grünanlagen syste­ma­tisch zu durch­su­chen und die Ergebnisse zu veröf­fent­li­chen. Nachdem 2012 die Seite www.Wetterpilze.de mit rund 30 Kölner Wetterpilzen online gegangen ist, kamen auch aus anderen Regionen immer mehr Meldungen über ähnliche Bauten, so dass mitt­ler­weile fast 500 Wetterpilze – auch über die Grenzen Deutschlands hinaus – doku­men­tiert werden konnten.

Doch es geht nicht nur ums Sammeln, sondern auch um Kunst, Geschichte und den Austausch mit Menschen aller Länder und Kulturen und was sonst so rund um Wetterpilze passiert. Im Laufe der Zeit haben sich einige Hundert Menschen ange­spro­chen gefühlt, ihr Augenmerk auf den Pilz zu richten. Alles, ange­fangen von natur­phi­lo­so­phi­schen Betrachtungen, obskuren Texten, über roman­ti­sche Gedichte, dunkle Naturdeutungen bis hin zu Projekten wie der Pilzmusik oder der realen Gestaltung neuer Wetterpilze, findet auf der Seite der „Freunde des Wetterpilzes“ seinen Platz und wird von allen gestaltet, die sich von den magi­schen Riesenpilzen ange­zogen fühlen.

Zu meinen Lieblings-Wetterpilzen gehört der legen­däre „Carl Stahl-Urach“-Pilz in Berlin-Frohnau:0_t

Er ist der wohl Wuchtigste seiner Zunft und hat auch eine inter­es­sante Geschichte. Denn sein Erschaffer Carl Stahl-Urach war ein berühmter Architekt und unter anderem für seine Bauten in Dr.-Marbuse-Filmen von Fritz Lang bekannt und hatte 1926 in Babelsberg das damals größte Filmatelier Europas konstruiert.

… oder von gänz­lich anderem Stil der Wetterpilz auf dem Herkulesberg in Köln:

01_t

Dieser Pilz befindet sich auf dem Herkulesberg, einem der elf in Köln nach dem Zweiten Weltkrieg aus den zerstörten Resten der alten Stadt aufge­bauten Berge. Er ist wahr­schein­lich Ende der 60er Jahre errichtet worden und hat sich trotz oder viel­leicht wegen seiner mitge­nom­menen äußeren Erscheinung als Highlight für alter­na­tive Touristen, Künstler und sons­tige schräge Vögel etabliert.

Hier ist noch ein Foto, das mich „bei der Arbeit“ zeigt:

jbgegcfb

Das Aufnehmen von Videos und das akku­rate Ausmessen eines Wetterpilzes ist genauso wichtig wie der Test, was er so alles aushalten kann. Doch solange sich kein reicher Mäzen findet, der die Kunst des Wetterpilzes unter­stützt, werde ich wohl noch eine Weile mein Geld mit „ehrli­cher Arbeit“ in einer normalen beruf­li­chen Tätigkeit verdienen müssen. Und das ist die EDV, zu der ich nach dem Studium der Chemie vor circa fünf­zehn Jahren gewech­selt bin.

Generell ist es immer ein biss­chen wie Weihnachten, wenn – wie hier in Schwarzenberg – ein neuer bzw. mir noch unbe­kannter Wetterpilz entdeckt wird. Man möchte dann am liebsten gleich selber hingehen, sich unter ihn stellen, die Augen schließen und ihm einfach zuhören – denn jede Pilzform hat ihre eigene Akustik. Danach möchte man die Augen öffnen und die Heimat des neuen Wetterpilzes erkunden – aber Schwarzenberg und Köln sind nun leider dann doch etwas zu weit vonein­ander entfernt, um mal eben vorbeizukommen.

www.wetterpilze.de
Der Schwarzenberger Aussichtspilz auf der Wetterpilz-Website: klick

- - -

Wer kennt weitere Wetterpilze in Schwarzenberg und Umgebung? Und wer weiß, seit wann es den Pilz im Totenstein gibt und wer ihn warum gebaut hat? Bitte einfach unter diesem Artikel kommen­tieren oder eine Mail an mich schreiben.

IMG_7208

Der Aussichts- bzw. Wetterpilz am Steinweg im Totensteinpark

Und das soll der 1. November sein?

Nicht gerade grau war der 1. November in diesem Jahr. Was heißt „nicht grau“: Er war strah­lend schön!

IMG_8079

Schwarzwasser am Bahnhofsberg

IMG_8081

Bahnhofsberg, Blick hoch zum Totenstein

IMG_8082

Totenstein, unten

IMG_8083

IMG_8084

Haus am Bahnhofsberg

IMG_8087

Blick auf Schloss und Kirche vom Steinweg aus

IMG_8088

Blick zum Ottenstein

IMG_8090

Schild zum „Kreuz-Erfindung-Stolln“ am Steinweg

IMG_8092

Aussichtspilz am Steinweg

IMG_8093

Schatten und Blätter auf dem Steinweg

Zwischen Berg und tiefem Tal

Um das mal fest­zu­halten: Durch diese Berg-und-Tal-Lage hat man in Schwarzenberg teils erstaun­liche Ausblicke, wie auf eine Spielzeugstadt – ohne große Mühe (na gut, manche Straßen sind schon ganz schön steil) und ohne Geld für einen Aussichtsturm oder ähnli­ches ausgeben zu müssen.

IMG_6966

Auf der Treppe zwischen Bahnhofstraße und Totensteinpark

IMG_6967

Spielzeughäuser, schön bunt

IMG_6963

Im Totensteinpark, Blick auf die Bahnhofstraße

IMG_6951

Steinweg, Aussicht auf den Bahnhofsberg sowie Schloss und Kirche

IMG_6975

Noch mal Steinweg, Blick auf den Ottenstein

Wo ist die Stadt?

Eigentlich sieht man die eigene Stadt gar nicht mehr richtig, man läuft oder fährt nur durch die Straßen und regis­triert schon das ein oder andere, aber alles tausendmal gesehen, tja nun.

Dann schaut man sich Fotos an und fragt sich, ob das wirk­lich das ist, was man gesehen hat. Ist das meine Stadt? Zum Beispiel diese zwei unten: Ich bin von der Altstadt aus die Badstraße runter­ge­laufen und habe Richtung Totenstein, Kaufland, Ottenstein geknipst.

Mitten in der Stadt – aber wo ist die Stadt?

IMG_6589

Links Totenstein, in der Mitte das Kaufland, rechts Ottenstein

IMG_6590