Frau Holle verliert die Kontrolle

Dieses Jahr war Frau Holle wieder in Schwarzenberg, am Dienstag und Donnerstag hat sie auf dem Weihnachtsmarkt wie gehabt die Kontrolle verloren, ihrem Engel fällt aber auch immer was Neues ein …

Eine große Menge verfolgte am Donnerstagabend das Fenstertheater am Oberen Tor 5 und das Schöne daran ist ja, dass alle gleich gut sehen. Nach einigem Hin und Her zwischen Frau Holle und ihrem Engel war am Ende alles gut und das Kissen wurde gemeinsam kräftig geschüt­telt. Es hat dann auch wirk­lich geschneit …

Hinter „Frau Holle verliert die Kontrolle“ stecken die Darsteller Andrea Post und Tim Schreiber aus Dresden. Wer mehr wissen will: www.holle.cloud

Gastgedicht von Petra Richter: „Schorsch sucht eine Frau“

Zum Advent gibt es wieder ein Gedicht von Petra Richter. Vielen Dank. :) (Und ihre anderen Gedichte und Texte finden sich hier: klick.)

Schorsch sucht eine Frau

Die Welt ist voll von Spinnern,
An einen lieben mag man sich alljähr­lich gern erinnern.
Das ist der Räucherschorni, wisst ihr noch?
Schorsch, na klar, man kennt ihn doch.

Man weckt ihn auf in der Kiste,
Mit Sicherheit hat er ne neue Idee auf seiner Liste?
Und ob: Was? Ne Frau!
Vor Schreck ich mir den Fingernagel zerkau.

Ich soll eine herbeischaffen,
Er würde gern in Gesellschaft paffen.
Er möchte die „rich­tige“ Frau,
Und die beschaut er sich dann auch ganz genau.

Dieser Wunsch ist ja zu verstehn,
Also werd ich auf die Suche gehn.
Alten, jungen, dünnen, dicken
Muss ich in die Augen blicken.

Ich bring ihm eine, die am Ofen strickt,
Eine, die ihm die Socken flickt.
Sind die Damen dabei geschickt,
Ist der Schorsch in ihrer Gesellschaft eingenickt.

Eine Andere will sein ganzes Geld verprassen,
Die Nächste sollte vom Alter besser zu ihm passen.
Ihm gefällt nicht das Modell aus dem Katalog von Bader,
Oder die Fimmeltante mit Wedel und Hader.

Abtreten lässt er in aller Kürze
Das Wesen mit Kiepe und Kittelschürze.
Ähnlich ergeht es dem Weiblein mit den vielen Töppeln,
Langweilig ist ihm, wenn er ihr zusieht beim Klöppeln.

Vor der Lady mit dem Kopftuch wie bei Witwe Bolte,
Er sich eben­falls schnell trollte.
Nach der Person im schwä­bi­schen Trachtenlook,
Nimmt er erst mal einen kräf­tigen Schluck.

Mit Zöpfen, fein geflochten,
Kamen Frauen, die backten und kochten.
Vor der Lehrerin mit Buch er sich eben­falls ziert,
Den Gogsch findet er zu straff frisiert.

Mit nahm ich selbst die Hexe,
Vor der bekam er Minderwertigkeitskomplexe.
Nach dem Geschöpf mit den vielen Läppeln,
Sagt er, ich würd ihn veräppeln.

Dieses nicht und jenes,
Dieses Problem ist wieder kein kleenes.
Unproportional verlaufen meine Wegamplituden,
Ich find die rich­tige nicht in den vielen Marktbuden.

Er meint, sie soll nur mit ihm rauchen,
Und mit ihm in den duftenden Schwaden abtauchen.
Lieb wär ihm eine Stille,
Gern auch mit Brille.

Ich sag: „Schmauchen tun sie alle,
Du führst mich in die Abseitsfalle.“
Missmutig erwäg ich für ihn eine gars­tige Schnalle –
Im Umfang feist und beson­ders dralle.

Dann geht ihm plötz­lich ein Anblick ganz nah,
Von einem Engel, den er im Fenster stehn sah.
Den hat ich mir selber mitgebracht,
Damit er in der Weihnachtszeit über mich wacht.

Er scheint dem Engel Signale zu senden,
Und kann den Blick nicht von ihr wenden.
Ich erklärt ihm schlicht,
„Solche Engelsfrauen rauchen nicht.“

Da sagt er ganz banal,
Das wär ihm egal.
Er möcht sie trotzdem haben,
Sich nur an ihrem Antlitz laben.

Das ist schon ein Bengel,
Der erwählt sich selbst den wunder­barsten Engel.
Doch im kommenden Jahr bin ich gleich auf der Hut,
Wenn er wieder irgend­welche Ideen kundtut.