Bergbauprojekt in Pöhla: langer Artikel in der FAZ

Das Bergbauvorhaben der Saxony Minerals & Exploration AG (SME) im Luchsbachtal in Pöhla hat es in die FAZ geschafft, am 22. Juli erschien ein Artikel mit der Überschrift „Die Jagd nach dem Milliarden-Schatz“. Im Teaser heißt es: „Im Erzgebirge wird an der ersten deut­schen Erzmine seit dem Krieg gebaut. Ein Investor verspricht sichere Rohstoffe und Hunderte Arbeitsplätze. Doch Politiker inter­es­siert es nicht, Behörden mauern und Anwohner rebellieren.“

Das liest sich tenden­ziös? Ja, und das zieht sich durch den ganzen langen Artikel. Im Mittelpunkt steht der Betreiber der Mine und Aufsichtsratschef der SME, Thomas Reissner, laut FAZ Diplom-Kaufmann, ein „ehema­liger Investmentbanker und Vorstandschef von drei Aktiengesellschaften für Basismetalle“. Er wird wie folgt einge­führt: „Sein Blick ist ebenso hart wie intel­li­gent, seine Kommunikation schnör­kellos. Selbst Unbeteiligten ist unmit­telbar klar, wer hier das Sagen hat. Nach wenigen Minuten ahnen sie auch: Einen wie Reissner sollte man nicht zum Feind haben.“

Eine Frage: Kann man einen Journalisten, der einen Gesprächspartner so charak­te­ri­siert, ernst nehmen? Es geht ja wohl­ge­merkt nicht um einen Krimi oder Thriller, sondern um einen Zeitungsartikel im Wirtschaftsteil?

Der Autor des Artikels, Christoph Schäfer, hat offen­sicht­lich auch mit einigen wenigen anderen Menschen gespro­chen, nicht nur mit dem Betreiber der Mine. Zum Beispiel mit Anwohnern, die er als „nicht zu unter­schät­zendes Problem“ bezeichnet. Die Anwohner an der Zufahrtsstraße zum Bergwerk werden hinge­stellt, als wäre ihr Protest gegen einen Dauer-LKW-Verkehr durch den Ort und andere Gegenargumente Humbug, als ginge es ihnen nur um die eigenen Pfründe und als würden sie für Geld mit sich reden lassen. Perfide. Ist das im Sinne des Unternehmers, den man ja, siehe oben, „nicht zum Feind haben“ sollte? Offensichtlich wird hier mit Waffen gekämpft, bei denen man sich fragen könnte: Wollen wir das wirk­lich hier? Den „Uhiesigen“, der den Profit sieht, aber nicht die Menschen und die Natur vor Ort?

Kommen wir noch mal auf das Zitat oben zurück: „Ein Investor verspricht sichere Rohstoffe und Hunderte Arbeitsplätze. Doch Politiker inter­es­siert es nicht, Behörden mauern und Anwohner rebellieren.“

- Tatsächlich geht es nicht um „Hunderte Arbeitsplätze“, sondern wohl um 80 bis 100. Problem ist außerdem: Im Erzgebirgskreis herrscht Fachkräftemangel! Unternehmen suchen zum Teil hände­rin­gend nach Fachkräften. Das Bergwerk würde die Konkurrenz verschärfen.

- Behörden: Wie es aussieht, geht alles seinen normalen (Behörden-)Gang. Vielleicht war es früher, in Nachwendezeiten, so, dass ein Unternehmer einfach mal machen konnte, wenn es um ein Projekt in dieser Größenordnung ging, gut, dass das nicht mehr der Fall ist! Denn im Artikel wird zum Beispiel nicht einmal erwähnt, dass das Luchsbachtal mehr oder weniger unter einer Halde verschwinden würde. Ich zitiere mal Uwe Kaettniß: „Im Luchsbachtal, das nach der Bergbauepoche der Wismut mit Millionenaufwand vorbild­lich saniert und rena­tu­riert wurde und sich zu einem zentralen Ort für Tourismus und Erholung entwi­ckelt hat, soll beispiels­weise eine Abraumhalde entstehen, die in ihrem Umfang etwa die 3-fache Größe der alten Wismuthalde haben wird. Dabei soll diese Aufschüttung nicht nur etwa 40 Meter hoch werden, sondern es würde auch der bestehende Wald auf einer Fläche von etwa 20 Hektar gerodet. Nach dem rechts­gültig bestehenden Landesentwicklungsplan und dem Regionalplan für Südwestsachsen hat dieser Wald beson­dere Bedeutung für den Hochwasserschutz. Die geplante Halde soll etwa 10 Millionen Tonnen Abfall aufnehmen.“

- Politiker: Mittlerweile hinläng­lich bekannt ist, dass die Politiker vor Ort sich sehr wohl mit dem Bergbauprojekt in Pöhla beschäf­tigen und es, so zumin­dest die öffent­liche Wahrnehmung, positiv sehen. Die Freie Presse berichtet ja auch immer recht wohl­wol­lend über das Projekt. Der FAZ-Autor schreibt: „Wenigstens im heimi­schen Rathaus stößt Reissners Vorhaben auf vorsich­tiges Wohlwollen.“ Laut Oberbürgermeisterin Heidrun Hiemer habe sich der Stadtrat „offi­ziell zur Rückkehr des Bergbaus bekannt“. „Wir sind mit dem Minenprojekt einver­standen“, so Heidrun Hiemer. Der Minenbetreiber habe sich auch „promi­nente Unterstützung einge­kauft“, führt der FAZ-Autor aus, und zwar Volker Kauder, CDU, der in den Aufsichtsrat der SME einziehen solle.

Wie mir die Person, die mich auf den Artikel hinwies, sagte: „Ist zu erwarten, dass die (also die FAZ) so schreiben.“ Genau. Jetzt wäre zu hoffen, dass auch mal Medien darüber berichten, die nicht nur die Sicht des Unternehmers und Minenbetreibers sehen, sondern ein wenig Objektivität hereinbringen.

-> Artikel in der FAZ vom 22. Juli 2019: „Bergbau im Erzgebirge: Die Jagd nach dem Milliarden-Schatz“

Zum Weiterlesen im Schwarzenberg-Blog:

Neues Berggeschrey in Pöhla?

Die bishe­rige Berichterstattung über das Bergbauvorhaben der Saxony Minerals & Exploration (SME) AG im Luchsbachtal in Pöhla war erstaun­lich positiv. Die Firma stellt in Aussicht, die Bergbautradition im Erzgebirge wieder­zu­be­leben und Arbeitsplätze zu schaffen, und das scheint zu reichen.

Vielleicht ist es an der Zeit, auch mal zu schauen, welche Argumente dagegen spre­chen. Dazu haben die Erzgebirgs-Grünen am 20. Mai eine umfang­reiche Pressemitteilung heraus­ge­geben, die ich hier zitiere.

„In den vergan­genen Wochen wurde in den Medien mehr­fach über das neue Bergbauvorhaben im Schwarzenberger Ortsteil Pöhla berichtet. Nicht nur bei den Pressestimmen, sondern auch bei den Beratungen im Schwarzenberger Stadtrat scheint eine weit­ge­hende Zustimmung ohne jede selbst­be­wusste und auch notwendig kriti­sche Betrachtung der Auswirkungen des Bergbauvorhabens vorzuherrschen.

Dazu Uwe Kaettniß: ‚Auch wir Grünen freuen uns über eine Wiederbelebung des Bergbaus als iden­ti­täts­stif­tenden Wirtschaftsfaktor und Anknüpfung an jahr­hun­der­te­alte Traditionen in unserer Heimatregion. Grundlage für Entscheidungen für oder gegen ein Bergbauvorhaben muss dennoch die Beurteilung der Frage sein, ob solch ein Vorhaben im Einklang mit den Interessen der Anwohner, mit den recht­li­chen Vorgaben und Rahmenbedingungen und mit den über­ge­ord­neten Interessen des Natur-, Biotop- und Artenschutzes steht. Kurz: Es ist die Frage zu beant­worten, ob der neue Bergbau an dieser Stelle den Menschen in der Stadt und der Region nützt oder ob er vorder­gründig die Gewinninteressen eines Unternehmens bedient.‘

Nach den bislang vorlie­genden Unterlagen der Betreiberfirma sind erheb­liche Zweifel ange­bracht, ob die Interessen der Menschen und der Natur vor Ort ange­messen in die Entscheidungsprozesse eingehen können.

Im Luchsbachtal, das nach der Bergbauepoche der Wismut mit Millionenaufwand vorbild­lich saniert und rena­tu­riert wurde und sich zu einem zentralen Ort für Tourismus und Erholung entwi­ckelt hat, soll beispiels­weise eine Abraumhalde entstehen, die in ihrem Umfang etwa die 3-fache Größe der alten Wismuthalde haben wird. Dabei soll diese Aufschüttung nicht nur etwa 40 Meter hoch werden, sondern es würde auch der bestehende Wald auf einer Fläche von etwa 20 Hektar gerodet. Nach dem rechts­gültig bestehenden Landesentwicklungsplan und dem Regionalplan für Südwestsachsen hat dieser Wald beson­dere Bedeutung für den Hochwasserschutz.
Die geplante Halde soll etwa 10 Millionen Tonnen Abfall aufnehmen. Dabei ist laut der einge­reichten Genehmigungsunterlagen derzeit weder etwas über die Eigenschaften des Abraumes bekannt noch ob er über­haupt stand­si­cher im Luchsbachtal einge­la­gert werden kann. Eine der Gutachterfirmen kommt in ihren Berechnungen zu dem Schluss, dass die Halde nur 75 % des vorge­se­henen Abfalls aufnehmen kann. In der Folge müsste die Halde über das geplante Maß hinaus noch wesent­lich erwei­tert werden.

Auch die Unterlagen, die vom Bergbaubetreiber bezüg­lich der Prüfung von Umweltauswirkungen im Raumordnungsverfahren einge­reicht wurden, genügen in keinster Weise wissen­schaft­li­chen Standards, um die Auswirkungen auf Mensch, Natur und Umwelt fach­lich korrekt beur­teilen zu können. So wurden beispiels­weise über­haupt keine eigenen Daten zur bestehenden Situation vor Ort erhoben. Tatsächlich flossen in den arten­schutz­recht­li­chen Fachbeitrag nur Erkenntnisse ein, die teil­weise mehr als 10 Jahre alt sind und sich somit auf eine Ausgangslage beziehen, wie sie vor der Renaturierung des Luchsbachtals bestand. So wird unter anderem behauptet, dass es bei den wirbel­losen Tieren keine rele­vanten Arten im Untersuchungsgebiet gäbe. Dabei kann schon ein einfa­cher Besuch des Luchsbachtals vom Gegenteil überzeugen.

Dazu Uwe Kaettniß: ‚Seit vergan­genem Spätsommer besuche ich das Luchsbachtal regel­mäßig. Allein an Schmetterlingen konnte ich dort 21 verschie­dene Arten doku­men­tieren, von denen sich drei Arten auf der Roten Liste befinden. Bei den Vogelarten sieht es ähnlich aus. Beim Begehen des Rundwanderwegs konnte ich 22 Brutvogelarten für den geplanten Haldenbereich erfassen. Auch unter ihnen befinden sich Arten, die auf der Roten Liste bedrohter Tierarten stehen.‘

Nicht zuletzt ist die Frage unbe­ant­wortet, wie eigent­lich die Bewohner von Pöhla, von ganz Schwarzenberg und der angren­zenden Orte gewinn­brin­gend an diesem wirt­schaft­li­chen Vorhaben betei­ligt werden. Das Argument der Schaffung von Arbeitsplätzen zählt nicht mehr. Davon abge­sehen, dass die Firma in ihren Antragsunterlagen nur von 50 bis 80 Arbeitsplätzen spricht, obwohl beständig in der Presse von 150 Arbeitsplätzen geschrieben wird, herrscht überall im Erzgebirgskreis ein ekla­tanter Mangel an Fachkräften. Jeder weitere größere Betrieb verschärft diesen Mangel zusätz­lich. Absehbar wird damit ein Verdrängungswettbewerb zu den altein­ge­ses­senen Firmen befeuert.

Überdies ist bislang weder eine trag­fä­hige Lösung für die Verkehrsanbindung und damit für die vorher­seh­bare Belastung der Pöhlaer Bürger in Aussicht gestellt, noch gibt es Aussagen dazu, wo die Bergbaufirma in Zukunft ihren Firmensitz hat und ihre Unternehmenssteuern bezahlen wird.

Abschließend dazu Uwe Kaettniß: ‚Aus unserer Sicht sind in dem laufenden Raumordnungsverfahren so viele Fragen offen und Sachverhalte völlig unzu­rei­chend unter­sucht worden, dass eine sach­ge­rechte Entscheidung über eine Änderung der bestehenden Raumordnung – die das Bergbauvorhaben über­haupt erst ermög­li­chen würde – derzeit nicht möglich ist. Wir fordern das Oberbergamt auf, der Betreiberfirma aktu­elle und umfas­sende Unterlagen, Gutachten und Untersuchungsergebnisse abzu­ver­langen, um eine sach­ge­rechte Entscheidung zum Wohl von Mensch und Natur zu ermöglichen.‘ “

(Foto vom 5. Mai 2019, Bilder von Schmetterlingen aus dem Luchsbachtal von Uwe Kaettniß)