Mittlerweile scheint an jeder Wiese ein Hochsitz zu stehen, meist sind es sogar zwei oder drei, im Wald sieht man auch immer mehr. Ein Beispiel für die wundersame Vermehrung der Hochsitze ist der Rundweg am Galgenberg: An der Mülldeponie am Oelpfannerweg wurde ein Hochsitz gebaut und letztens auch einer an der Wiese weiter hinten.
Hochsitze schießen sozusagen wie Pilze aus dem Boden. Tatsächlich gibt es zahlenmäßig keine Begrenzung, die Hochsitze dürfen lediglich die Bewirtschaftung des Gebietes nicht beeinträchtigen, man kann sie sogar im Baumarkt kaufen.
Über die Jagd lässt sich gut streiten. Die einen sagen, Rehe und Co. beschädigen den Wald und müssen deshalb dezimiert werden. Obwohl niemand weiß, wie viel Wild überhaupt im Wald lebt, die Abschusszahlen sollen Aufschluss geben, wie viele es sind. Absurd, oder?
Die anderen sagen, dass Rehe und Co. Tiere des Waldes sind, dass sie auch was zu fressen brauchen, dass sie durch die Jagd erst dazu getrieben werden, sich zum einen verstärkt zu vermehren und zum andern Fressen dort zu holen, wo keine Gefahr droht und eventuell junge Bäume wachsen sollen.
Machen Menschen, die Wald-Monokulturen pflegen und die Bäume dann irgendwann mit schweren Maschinen ernten, die Wälder nicht kaputt? Und mit welcher Begründung töten Jäger zum Beispiel Feldhase und Fuchs? Füchse fressen Rehe. Würde der Fuchs nicht exzessiv gejagt, könnte er mehr Rehe fressen.
Die Schusszeiten sind bei Rehwild so gelegt, dass Jäger in 10 von 12 Monaten jagen können, nur im Februar und März darf nichts abgeschossen werden, weder Böcke noch Ricken noch Kitze (Schusszeit für Rehkitze: August bis Januar).
Wenn Wald und Wiese von Hochsitzen durchsiebt sind, wo kommen die Tiere noch zur Ruhe? Wo droht keine Gefahr?
Man könnte auch nach Gefahren für Menschen, die im Wald unterwegs sind, fragen. Warum müssen zum Beispiel am Rundwanderweg Galgenberg, wo jeden Tag viele Menschen spazieren gehen, Rad fahren usw., zwei Hochsitze stehen? Dass Jäger auch mal danebenschießen, ist kein Jägerlatein.
Jäger in Sachsen schießen vor allem: Schwarzwild (47.061), Rehwild (34.861), Waschbären (19.628), Füchse (16.303), aber auch Rotwild (3.984), Elstern (1.018), Feldhasen (473), obwohl der Feldhase in der Roten Liste als „gefährdet“ geführt wird, Höckerschwan (335), Mäusebussard (44), Falken (27) – die Zahlen sind vom Jagdjahr 2019/20 (1. April bis 31. März).
Wir machen uns was vor, wenn wir den Wald, wie wir ihn hier kennen, „Natur“ nennen. Er ist primär ein Wirtschaftsfaktor zur Holz- und Wildernte. Der Sachsenforst veranstaltet für Leute, die dafür bezahlen, Treibjagden, Stichwort: Jagdtourismus. An Treibjagden gibt es nicht wenig Kritik. So wie es Kritik an der Jagd gibt, wie sie heute gang und gäbe ist, an den Abschusszahlen und daran, dass die Tiere im Wald quasi vogelfrei sind.
Dazu, den Wald fit für die Zukunft und den Klimawandel zu machen, gehört nicht nur, für die Bäume zu sorgen. Vielleicht wäre es an der Zeit, auch mal das Wildkonzept zu überdenken – Jagd kann nicht die einzige Antwort sein.
Schonzeiten: https://www.wald.sachsen.de/Jagdzeiten_Schonzeiten2018.pdf
Jagdzahlen: https://www.wald.sachsen.de/Streckenuebersicht_1992_2020.pdf
(Fotos: Hochsitze am Galgenberg-Rundwanderweg)