Die bisherige Berichterstattung über das Bergbauvorhaben der Saxony Minerals & Exploration (SME) AG im Luchsbachtal in Pöhla war erstaunlich positiv. Die Firma stellt in Aussicht, die Bergbautradition im Erzgebirge wiederzubeleben und Arbeitsplätze zu schaffen, und das scheint zu reichen.
Vielleicht ist es an der Zeit, auch mal zu schauen, welche Argumente dagegen sprechen. Dazu haben die Erzgebirgs-Grünen am 20. Mai eine umfangreiche Pressemitteilung herausgegeben, die ich hier zitiere.
„In den vergangenen Wochen wurde in den Medien mehrfach über das neue Bergbauvorhaben im Schwarzenberger Ortsteil Pöhla berichtet. Nicht nur bei den Pressestimmen, sondern auch bei den Beratungen im Schwarzenberger Stadtrat scheint eine weitgehende Zustimmung ohne jede selbstbewusste und auch notwendig kritische Betrachtung der Auswirkungen des Bergbauvorhabens vorzuherrschen.
Dazu Uwe Kaettniß: ‚Auch wir Grünen freuen uns über eine Wiederbelebung des Bergbaus als identitätsstiftenden Wirtschaftsfaktor und Anknüpfung an jahrhundertealte Traditionen in unserer Heimatregion. Grundlage für Entscheidungen für oder gegen ein Bergbauvorhaben muss dennoch die Beurteilung der Frage sein, ob solch ein Vorhaben im Einklang mit den Interessen der Anwohner, mit den rechtlichen Vorgaben und Rahmenbedingungen und mit den übergeordneten Interessen des Natur-, Biotop- und Artenschutzes steht. Kurz: Es ist die Frage zu beantworten, ob der neue Bergbau an dieser Stelle den Menschen in der Stadt und der Region nützt oder ob er vordergründig die Gewinninteressen eines Unternehmens bedient.‘
Nach den bislang vorliegenden Unterlagen der Betreiberfirma sind erhebliche Zweifel angebracht, ob die Interessen der Menschen und der Natur vor Ort angemessen in die Entscheidungsprozesse eingehen können.
Im Luchsbachtal, das nach der Bergbauepoche der Wismut mit Millionenaufwand vorbildlich saniert und renaturiert wurde und sich zu einem zentralen Ort für Tourismus und Erholung entwickelt hat, soll beispielsweise eine Abraumhalde entstehen, die in ihrem Umfang etwa die 3-fache Größe der alten Wismuthalde haben wird. Dabei soll diese Aufschüttung nicht nur etwa 40 Meter hoch werden, sondern es würde auch der bestehende Wald auf einer Fläche von etwa 20 Hektar gerodet. Nach dem rechtsgültig bestehenden Landesentwicklungsplan und dem Regionalplan für Südwestsachsen hat dieser Wald besondere Bedeutung für den Hochwasserschutz.
Die geplante Halde soll etwa 10 Millionen Tonnen Abfall aufnehmen. Dabei ist laut der eingereichten Genehmigungsunterlagen derzeit weder etwas über die Eigenschaften des Abraumes bekannt noch ob er überhaupt standsicher im Luchsbachtal eingelagert werden kann. Eine der Gutachterfirmen kommt in ihren Berechnungen zu dem Schluss, dass die Halde nur 75 % des vorgesehenen Abfalls aufnehmen kann. In der Folge müsste die Halde über das geplante Maß hinaus noch wesentlich erweitert werden.
Auch die Unterlagen, die vom Bergbaubetreiber bezüglich der Prüfung von Umweltauswirkungen im Raumordnungsverfahren eingereicht wurden, genügen in keinster Weise wissenschaftlichen Standards, um die Auswirkungen auf Mensch, Natur und Umwelt fachlich korrekt beurteilen zu können. So wurden beispielsweise überhaupt keine eigenen Daten zur bestehenden Situation vor Ort erhoben. Tatsächlich flossen in den artenschutzrechtlichen Fachbeitrag nur Erkenntnisse ein, die teilweise mehr als 10 Jahre alt sind und sich somit auf eine Ausgangslage beziehen, wie sie vor der Renaturierung des Luchsbachtals bestand. So wird unter anderem behauptet, dass es bei den wirbellosen Tieren keine relevanten Arten im Untersuchungsgebiet gäbe. Dabei kann schon ein einfacher Besuch des Luchsbachtals vom Gegenteil überzeugen.
Dazu Uwe Kaettniß: ‚Seit vergangenem Spätsommer besuche ich das Luchsbachtal regelmäßig. Allein an Schmetterlingen konnte ich dort 21 verschiedene Arten dokumentieren, von denen sich drei Arten auf der Roten Liste befinden. Bei den Vogelarten sieht es ähnlich aus. Beim Begehen des Rundwanderwegs konnte ich 22 Brutvogelarten für den geplanten Haldenbereich erfassen. Auch unter ihnen befinden sich Arten, die auf der Roten Liste bedrohter Tierarten stehen.‘
Nicht zuletzt ist die Frage unbeantwortet, wie eigentlich die Bewohner von Pöhla, von ganz Schwarzenberg und der angrenzenden Orte gewinnbringend an diesem wirtschaftlichen Vorhaben beteiligt werden. Das Argument der Schaffung von Arbeitsplätzen zählt nicht mehr. Davon abgesehen, dass die Firma in ihren Antragsunterlagen nur von 50 bis 80 Arbeitsplätzen spricht, obwohl beständig in der Presse von 150 Arbeitsplätzen geschrieben wird, herrscht überall im Erzgebirgskreis ein eklatanter Mangel an Fachkräften. Jeder weitere größere Betrieb verschärft diesen Mangel zusätzlich. Absehbar wird damit ein Verdrängungswettbewerb zu den alteingesessenen Firmen befeuert.
Überdies ist bislang weder eine tragfähige Lösung für die Verkehrsanbindung und damit für die vorhersehbare Belastung der Pöhlaer Bürger in Aussicht gestellt, noch gibt es Aussagen dazu, wo die Bergbaufirma in Zukunft ihren Firmensitz hat und ihre Unternehmenssteuern bezahlen wird.
Abschließend dazu Uwe Kaettniß: ‚Aus unserer Sicht sind in dem laufenden Raumordnungsverfahren so viele Fragen offen und Sachverhalte völlig unzureichend untersucht worden, dass eine sachgerechte Entscheidung über eine Änderung der bestehenden Raumordnung – die das Bergbauvorhaben überhaupt erst ermöglichen würde – derzeit nicht möglich ist. Wir fordern das Oberbergamt auf, der Betreiberfirma aktuelle und umfassende Unterlagen, Gutachten und Untersuchungsergebnisse abzuverlangen, um eine sachgerechte Entscheidung zum Wohl von Mensch und Natur zu ermöglichen.‘ “
(Foto vom 5. Mai 2019, Bilder von Schmetterlingen aus dem Luchsbachtal von Uwe Kaettniß)