Neulich stieß ich in der Lokalzeitung auf einen kleinen Artikel, der leider online nicht vollständig zu lesen ist (Link). Darin wurden Leute vom Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik angekündigt, ab Mitte August (bis Oktober) werden sie in der Gegend Messungen durchführen. Inklusive Rüttelplatten und Sprengungen, in dem Bereich Zwickau–Stollberg–Schwarzenberg–Eibenstock–Zwickau. Auch am Jägerhaus. Worum es geht: Es soll geprüft werden, ob das Erzgebirge und das Gebirge vor unserer Haustür sich für ein Tiefengeothermie-Kraftwerk eignen.
Geothermie ist Erdwärme, die oberflächennah oder aus der Tiefe gewonnen wird. Sie kann zum Heizen wie z. B. bei der Wärmepumpenheizung (oberflächennahe Geothermie) genutzt werden. Die Erdwärme aus tieferen Schichten (Tiefengeothermie) dient der Wärme- und Stromerzeugung. Es gibt bisher nur wenige solcher Kraftwerke und deshalb kaum Erfahrung über deren Auswirkungen auf die Umwelt. Siehe auch: www.geothermie.de/wissenswelt.
Das Erzgebirge ist ein Kristallin-Gebirge (wikipedia.org/Kristallin). „Stellen sich die Kristallin-Strukturen im Erzgebirge als geeignet heraus, soll zunächst eine Bohrung bis in 5.000 Meter Tiefe vorgenommen werden. Liegen die notwendigen Bedingungen vor, soll in der Region ein Tiefengeothermie-Kraftwerk entstehen. (…) Bislang gibt es in Deutschland nur drei Tiefengeothermie-Kraftwerke, die alle schon vorhandenes heißes Wasser im Untergrund verwenden. Ein Vorbildprojekt für das potentielle Kraftwerk im Erzgebirge existiert bislang nur in Frankreich“, ist auf www.klimaretter.info/forschung ganz konkret zum Projekt im Erzgebirge zu lesen.
Die Tiefengeothermie befindet sich in Deutschland offenbar in den Kinderschuhen, und das Erzgebirge könnte mit einem solchen Tiefengeothermie-Kraftwerk eine Art Versuchsobjekt, die Erzgebirger zu „Versuchskaninchen“ werden.
Mehr oder weniger tiefe Bohrungen und die Gewinnung von Energie aus der Erdkruste können Risiken bergen. Das zeigen unter anderem Erfahrungen in Basel, wo die Geothermie-Risikoanalyse ein zu großes Erdbebenrisiko durch Geothermie feststellte (www.bazonline.ch/basel).
Mögliche Gefahren der Tiefengeothermie sind Erderschütterungen und Landabsenkungen bzw. -erhebungen. Dazu ein Zitat aus der Wikipedia: „Generell ist eine verlässliche Bewertung der Risiken durch tiefe Geothermie in Deutschland nur begrenzt möglich, da hierzulande bislang nur wenige langfristige Erfahrungswerte vorliegen“ (wikipedia.org/Geothermie). Bei Tiefenbohrungen sind auch das Grundwasser und eventuell vorhandene Gase ein Thema.
Die Messungen im Erzgebirge beginnen ja erst, wer weiß, welches Ergebnis sie bringen. Als Laie in dieser Sache wundere ich mich aber, dass das Erzgebirge mit seiner Bergbauvergangenheit für ein solches Projekt überhaupt ernsthaft geprüft wird. Man stelle sich in unserer Gegend Erderschütterungen und Landabsenkungen durch die Tiefenbohrungen (bis 5000 Meter!) vor – mit all den Stollen und Höhlen vom Bergbau.
< < < < < < <
Weitere Informationen:
- ein Artikel auf www.idw-online.de (idw – Informationsdienst Wissenschaft): „Forscher durchleuchten Sachsens Untergrund“
Ein kurzes Zitat aus diesem Artikel: „Das Institut bittet die Bevölkerung im Erzgebirge um die wohlwollende Unterstützung seines Forschungsvorhabens. Es wird seinerseits über die Arbeitsfortschritte und Ergebnisse zeitnah in den örtlichen Medien und bei Informationsveranstaltungen berichten.“
--> Da wir Erzgebirger größtenteils alles aussitzen, werden die Forscher vermutlich auf Gleichgültigkeit bzw. freundliches Entgegenkommen stoßen. Diskutieren können wir allerdings auch ganz gut, also hoffe ich auf kritische Fragen bezüglich der Risiken von Tiefengeothermie, gerade hier im Erzgebirge, und auf Fragen nach den Konsequenzen dieser Forschungen. Denn Forschung ist das eine, die mögliche Konsequenz, ein Tiefengeothermie-Kraftwerk im Erzgebirge, das andere.
- die Website des Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik www.liag-hannover.de: „Seismik im Kristallin Sachsen (SiKS)“
> > > > > > >
Pingback: Geothermie und die Suche nach dem neuen deutschen “Atomklo” | Schwarzenberg-Blog
Pingback: Böses Endlager, gute Geothermie?! | Schwarzenberg-Blog